Max Esser: Möwe


 

Max Esser wurde am 16. MĂ€rz 1885 in Barth geboren. Nach einer Bildhauerlehre besuchte er die Akademie in Berlin. Er war SchĂŒler und spĂ€ter Schwiegersohn von August Gaul. 1906 stellte er erstmals auf der Berliner Kunstausstellung aus. Essers SpezialitĂ€t wurden Tierplastiken aus Bronze, die er aufwendig mit Gold und Silber tauschierte. 1912 kaufte die Nationalgalerie sein „Perlhuhn“, eine seiner tauschierten Bronzeplastiken.  Ab ca. 1920 arbeitete Esser fĂŒr die Porzellanmanufaktur Meißen, wo er ab 1923 Leiter des Meisterateliers wurde. Ab 1926 war er wieder in Berlin wohnhaft. 1928 fĂŒhrte ihn eine Studienreise nach Amerika. 1937 erhielt er auf der Pariser Weltausstellung den „Grand Prix“ fĂŒr seinen Fischotter, der sowohl in Meißen in Porzellan in mehreren GrĂ¶ĂŸen als auch in der Gießerei Lauchhammer und in der Gießerei Noack in Berlin hergestellt wurde und noch wird. Esser arbeitete auch in den Schwarzburger WerkstĂ€tten und stellte fĂŒr Hutschenreuther, KPM Berlin und Rosenthal Modelle her. Esser starb am 23. Dezember 1945 in Berlin und ist auf dem Friedhof Zehlendorf begraben.

 


 

„Möwe auf Welle“

Max Esser war neben seinem Schwiegervater August Gaul einer der bedeutendsten Tierplastiker des 20. Jahrhunderts. Auch Brunnenanlagen, Denkmale und sakrale Plastiken zÀhlen zu seinen Werken. Doch seine hauptsÀchliche Leidenschaft, die Tierdarstellung, machten ihn bekannt und seine Modelle werden bis heute in Bronze und Porzellan angeboten.

 

„Möwe auf Welle“ in Meissner Porzellan, weiß; Foto: privat

 

Die „Möwe auf Welle“ zĂ€hlt zu einer der erfolgreichsten figĂŒrlichen Darstellungen, die in der Meißner Porzellanmanufaktur angeboten werden. Die Entstehung wird fĂŒr das Jahr 1937 angegeben. Seitdem wird die Möwe in weißem Porzellan hergestellt. Sie wird mit einer Höhe von 43 cm angegeben. Das Metallmodell, welches sich im Kunstgussmuseum Lauchhammer befindet, hat eine Höhe von 45 cm. Der rechte FlĂŒgel und die FĂŒĂŸe sind getrennt vom Körper, die Teile wurden einzeln gegossen und vom Ziseleur zusammengefĂŒgt. Die Möwe wird erstmals im Katalog „Lauchhammer Bildguss“ von 1938 angeboten. Es wird eine Höhe von 45 cm angegeben. Die Höhe der Möwe im Museum betrĂ€gt allerdings 49 cm. Es ist zu vermuten, dass das Modell, welches von Esser angefertigt wurde, eine Höhe von 50 cm hatte. Bei einem Materialschwund des Porzellans nach dem Brand von ca.15 % ergibt sich die mit 43 cm angegebene Höhe der Möwe aus Porzellan im Verkaufskatalog von Meißen. Auch beim Bronzeguss wird durch Materialschwund von bis zu 3 % der Abguss kleiner. Die Höhe des Bronzegusses von 49 cm entspricht diesen Angaben. Schlussfolgernd ist die Höhenangabe im Katalog „Lauchhammer Bildguss“ nicht korrekt, es sei denn, es gab mehrere Modelle in verschiedenen GrĂ¶ĂŸen.

 

 

„Möwe auf Welle“, Bronzeguss, dreiteilig, im Kunstgussmuseum Lauchhammer; Foto: Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer

 

Die Möwe ist auf einer Welle stehend dargestellt, Ihre FlĂŒgel sind annĂ€hernd senkrecht nach oben gerichtet. Kopf und Schnabel zeigen nach unten, die FĂŒĂŸe mit den Schwimmflossen sind ausgestreckt nach unten gestreckt.  Der gesamte Körper ist in Spannung., Es ist der Moment des Sturzfluges ins Wasser, um einen Fisch zu erbeuten. Esser hat einen Moment „eingefroren“, welcher bildhauerisch sehr interessant ist. Körper und FlĂŒgel sind in eleganter Schönheit gestreckt und in entgegengesetzter Richtung zueinander. Damit wird innerhalb der plastischen Form eine Spannung erzeugt, die den Betrachter die Kraft und das Geschick des JĂ€gers nachempfinden lĂ€sst. Esser verzichtet zugunsten der zusammenhĂ€ngenden Form auf Details, er ist ein Meister der Vereinfachung und Konzentration auf die große Form, ohne jedoch zu abstrahieren. Die zurĂŒckhaltende, dennoch feine Gliederung der OberflĂ€che hĂ€lt das Maß zwischen Dekoration und Notwendigkeit zum VerstĂ€ndnis der dargestellten Pose und der Charakteristik des Tieres. Vorrangig ist die glatte OberflĂ€che mit wenigen AbsĂ€tzen, um z.B. Federn anzudeuten. Insgesamt sind Details jedoch auf zusammenfassende Art akribisch modelliert. Bei allen seinen Werken ist Esser das Erfassen des Wesens des Tieres, seiner typischen Verhaltensweisen, typischer Haltungen am wichtigsten. Durch die zurĂŒckhaltende Farbigkeit des Metalls (auch des Porzellans) kommt diese Art der plastischen Auffassung sehr gut zur Geltung, da sowohl das Helle des Porzellans wie auch das Dunkle der Bronze feinste OberflĂ€chenabstufungen als  Kontraste und Schattierungen wiedergibt.

 


 

Im Archiv des Kunstgussmuseums ist angegeben, dass Die Möwe“ insgesamt 14 Mal abgegossen wurde. Der erste Abguss erfolgte 1937 fĂŒr Professor Max Esser selbst. FĂŒr weitere AbgĂŒsse wurde eine LizenzgebĂŒhr von 15 % vereinbart.

 

Antje BrÀuer