Friedrich Wilhelm Eugen Doell: Doppelbüste Herakles und Omphale (auch als Herkules / Iole bezeichnet)
Herakles und Omphale in der griechischen Mythologie
Der Zeussohn Herakles (lat. Herkules) ist vor allem durch seine zwölf „Heldentaten” berühmt. Als bekannteste seien erwähnt die erfolgreichen Kämpfe mit dem Nemëischen Löwen, der neunköpfige Hydra und dem Erymanthischen Eber, sein Sieg über den Riesen Antaeus und der Raub der drei goldenen Äpfel der Hesperiden.
Allerdings gab es auch Mißgeschicke im Leben des Halbgottes. Nachdem Herakles einen Gastfreund namens Iphitos erschlagen hatte, wurde ihm von den Göttern eine schwere Krankheit auferlegt. Um sich von dieser Strafe zu befreien, suchte der Held beim Orakel von Delphi Rat: Als Buße für seinen Jähzorn musste Herakles der lydischen Königin Omphale (früher häufig auch als Iole bezeichnet) drei Jahre als Sklave dienen.
Als die Königin erfuhr, wer ihr Sklave war, heiratete sie ihn. Durch das üppige Leben am Hof verweichlicht und von blinder Liebe geschlagen, begann Herakles in dieser Zeit Frauenkleider zu tragen und überließ Omphale seine Waffe, die selbst geschnitzte Keule, und das Fell des von ihm erlegten Nemëischen Löwen. Als die Zeit der Strafe vorüber war, erkannte der Herakles seine Verblendung und verließ Omphale.
Die Doppelbüste im Kunstgussmuseum
Im Kunstgussmuseum befindet sich in der Sammlung der Abgüsse nach antiken Vorbildern das 67cm große Gipsmodell einer Doppelbüste des Herakles und der Omphale.
Abb. 1: Doppelbüste Herakles und Omphale im Kunstgussmuseum
(Foto: Tino Winkelmann, 2019)
Abb. 2, 3: Ansicht des Herakles, Ansicht der Omphale
(Fotos: Tino Winkelmann, 2019)
Entsprechend der Sage ist das Haupt des Herakles mit einem weich fallenden Frauen-Schleier bedeckt, Omphale hingegen trägt das Löwenfell des Helden über ihrem Kopf.
Es sind keine Bronzeabgüsse dieser Büste überliefert.
Das Vorbild aus dem 18. Jahrhundert
Es lässt sich kein antikes Vorbild für diese Doppelbüste bestimmen. Vielmehr handelt es sich um eine Neuschöpfung des 18. Jahrhunderts.
In Leipzig gab es Ende des 18. Jahrhunderts die zur damaligen Zeit berühmte Kunsthandlung Rost, die neben Kupferstichen und Büchern, auch Portraits bedeutender Persönlichkeiten, Skulpturen nach der Antike sowie zeitgenössische plastische Arbeiten in Alabastergips und künstlichem Marmor verkaufte. U.a. soll Goethe ein Kunde dieser Kunsthandlung gewesen sein.
In einem Rost´schen Verkaufskatalog von 1794 war ein Doppelportrait „Hercules & Iole“ in der Größe 31 Zoll (ca. 78cm) angeboten, leider ohne eine Angabe zu der Herkunft des Motivs.
Abb. 4: Büste „Hercules & Iole“ im Verkaufskatalog der Rost´schen Kunsthandlung
(Rost: Abgüsse moderner und antiker Statuen, … Leipzig 1794, Bd. 2, Taf. 32)
Die Übereinstimmung mit der Büste im Kunstgussmuseum ist so überzeugend, dass es sich zweifelsohne um das Vorbild handeln muss.
Die Kunsthandlung Rost war nicht die einzige, die antike und moderne Statuen in preiswerten Ersatzmaterialien anbot. In einem ebenfalls 1794 veröffentlichten „Verzeichnis der Gipsabgüsse, welche zur Verzierung der Zimmer, bey … Herrn Professor Döll in Gotha, …. zu haben sind“ ist unter den „Büsten in colossalischer Größe“ ebenfalls das Doppelportrait des Herkules und der Omphale genannt, hier in der Größe 2 Fuß, 9 Zoll, was ca. 83cm entspricht. Interessant ist v.a. der ergänzende Hinweis, dass diese Arbeit „von ihm selbst gearbeitet“ sei.
Somit kann als Urheber der Gothaer Bildhauer Friedrich Wilhelm Eugen Doell (08.10.1750 bei Hildburghausen – 30.03.1816 in Gotha) benannt werden. Doell war nach seiner Ausbildung und anschließender mehrjähriger Studienreise nach Paris und Rom 1781 zum Hofbildhauer und 1786 zum Professor ernannt worden, 1787 wurde ihm die die Aufsicht über die Gothaer Kunstdenkmäler übertragen.
Nicola Vösgen