Nicola Vösgen

 

Jürgen von Woyski: Liebespaar unterm Schirm


Jürgen von Woyski wurde am 23. März 1929 in Stolp geboren. Eine 1943 begonnene Steinmetzlehre an der Schule für gestaltendes Handwerk in Posen musste er kriegsbedingt abbrechen. 1948 begann er das Studium der Bildhauerei an der Kunstschule Burg Giebichenstein (Halle) bei Gustav Weidanz. Seit 1952 studierte er an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei Fritz Koelle und Heinrich Drake.

1956 folgte er dem Ruf des Stadtarchitekten von Hoyerswerda, Ferdinand Rupp, der junge Künstler aufgefordert hatte, die neu entstehende Neustadt Hoyerswerda mitzugestalten. Seitdem hat von Woyski zahlreiche Arbeiten v.a. für den öffentlichen Raum geschaffen. Seine Arbeiten sind v.a. in Hoyerswerda, aber auch in Berlin, Guben, Schwedt, Senftenberg, Vetschau und Weißwasser zu finden. Jürgen von Woyski ist am 30. Mai 2000 in Dresden verstorben.


Das „Liebespaar unterm Schirm“ im Kunstgussmuseum

 

Im Kunstgussmuseum befindet sich das nur 28cm große Gipsmodell einer der beliebtesten Gruppen von Woyski, das „Liebespaar unterm Schirm“, auch als „Kuss unterm Schirm“ bezeichnet. Leider sind die vorderen Hände beider Figuren sowie der namensgebende Schirm verloren, dennoch ist der Eindruck des völlig in den Kuss versunkenen Paares immer noch deutlich zu erkennen.

 

Abb. 1: Das Gipsmodell vom „Liebespaar unterm Schirm“
(Foto: Tino Winkelmann, KGML, 2018)

In den Kunstgusskatalogen ist das Liebespaar unterm Schirm nicht abgebildet, im Kunsthandel sind keine Lauchhammer-Güsse nachweisbar.


Statuetten von dem „Liebespaar unterm Schirm“

 

Woyski hatte sich erstmals Ende der 1950er Jahre mit der Gruppe eines Liebespaares unter dem Schirm beschäftigt. Vermutlich bereits 1958 entstand die kleine Gruppe für die Porzellanmanufaktur Wallendorf in Thüringen. Sie wurde dort in der Größe 24cm in weiß glasiert sowie mit blauem Aufglasurdekor hergestellt. Ein Exemplar mit blauer Glasur befindet sich im Museum Bernburg.

 

Abb. 2: „Liebespaar unterm Schirm“, Wallendorfer Porzellan
(Foto: Museum Schloss Bernburg, CC BY-NC-SA)

 

Kurze Zeit später entstand das Modell für den Bronzeguss, hier ist der Schirm filigraner gearbeitet, die Frau steht hochgereckter auf ihren Zehenspitzen, materialbedingt wäre dies bei der Porzellanausführung nicht möglich gewesen. Dieses Modell ist vermutlich nur einmal in Bronze abgegossen worden. Der 28cm große Abguss von 1959 war bis zum Tod von Woyski in dessen Privatbesitz, heute befindet er sich im Besitz der Jürgen von Woyski-Stiftung.

 

Abb. 3: „Liebespaar unterm Schirm“ von 1959, Bronze
(Foto: Jürgen von Woyski Stiftung, Hoyerswerda)

Aufgrund der Tatsache, dass sich das Modell im Besitz der Gießerei befand sowie der Übereinstimmung von Motiv und Größe des Abgusses mit dem Modell im Kunstgussmuseum ist anzunehmen, dass diese erste Bronzeausführung in Lauchhammer entstanden ist.


Die unterlebensgroßen Statuen des Liebespaares

 

Jürgen von Woyski hat sich erneut um 1962 mit diesem Motiv beschäftigt. Anlässlich der Ausstellung junger Künstler zum VII. Parlament der FDJ 1963 im Berliner Pavillon der Kunst war ein 135cm großes Liebespaar leicht veränderter Ausführung zu sehen. In einem Beitrag der Berliner Zeitung im Mai 1963 wurde die Gruppe sehr positiv besprochen: „Besonderes Interesse darf auch das „Liebespaar unter dem Schirm“ beanspruchen, das der experimentierfreudige Woyski nach seiner bekannten Kleinplastik nun auch In einer etwas unterlebens-großen Fassung geschaffen hat.“ Im Unterschied zu den Kleinplastiken hält der Mann hier den Schirm hinter dem Körper seiner Partnerin, ansonsten ist die Körperhaltung identisch.
Mindestens sechs identische Abgüsse dieser unterlebensgroßen Ausführung wurden in den folgenden Jahren aufgestellt. Obwohl nur in einem Fall sicher nachweisbar, sind vermutlich alle der genannten Abgüsse in Lauchhammer in Bronze gegossen worden.

Bereits im Juli 1963 wurde das Liebespaar im Blechenpark in Cottbus aufgestellt. Dieses Exemplar wurde im August 2013 gestohlen und ist bis heute verschollen.

Abb. 4: Liebespaar in Cottbus
(Foto: Rita Numrich , Stadt Cottbus)

 

Im Rahmen der 8. Arbeiterfestspiele fand 1966 in Potsdam die Ausstellung „Plastik im Freien“ statt. Dort waren 70 Arbeiten von 35 Künstlern ausgestellt, darunter auch erneut das Liebespaar von Woyski. Die Arbeit wurde im Anschluss an die Ausstellung von der Stadt Potsdam angekauft und steht seitdem auf der Freundschaftsinsel zwischen Schwanentorhaus und Pavillon. Das Potsdamer Liebespaar steht seit Juni 1976 unter Denkmalschutz.

In Eisenhüttenstadt hatte das „Liebespaar unterm Schirm“ seit 1967 seinen Standort auf dem Rosenhügel mit Blick auf die neue Stadt. Im März 2011 wurde die Gruppe aus Sicherheitsgründen in den Eingangsbereich des „Aktivist“ in der Karl-Marx-Straße umgesetzt.

Ebenfalls seit 1967 steht ein weiteres Liebespaar neben weiteren Arbeiten von Woyski (z.B. Kinderreigen, Kraniche) im Zoo von Hoyerswerda. Auch dieses Liebespaar steht seit 1993 unter Denkmalschutz.

 

75x Hoyerswerda Stadtmuseum

Abb. 5: Liebespaar im Zoo von Hoyerswerda
(Foto: G. Menzel, U. Schulz, Schloss Stadtmuseum Hoyerswerda)

 

In Nordhausen wurde 1969 ein weiterer Abguss der Gruppe, auch hier zusammen mit den Kranichen von Woyski, an der Töpferstraße aufgestellt. Beide Arbeiten sind im VEB Lauchhammer gegossen worden.

Das letzte derzeit bekannte Liebespaar befindet sich am Haintor in Lübben. Der Zeitpunkt der Aufstellung dieser Gruppe ist nicht bekannt.